Anspruch von Betriebsratsmitgliedern auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages?

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 25.06.2014

von Rechtsanwalt Markus Bär, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Arbeitsrecht für Arbeitnehmer und Betriebsräte

Mit Urteil vom 25.06.2014 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Arbeitsverträge von Betriebsratsmitgliedern nach Maßgabe des § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) wirksam ohne Sachgrund befristet werden können. Weigert sich der Arbeitgeber nach Ablauf der Befristung mit dem Betriebsratsmitglied einen Anschlussvertrag abzuschließen, so stellt dies eine unzulässige Benachteiligung dar, wenn sie wegen der Betriebsratstätigkeit erfolgt. In diesem Fall hat das Betriebsratsmitglied einen Anspruch auf Abschluss eines Folgevertrages.

Der Fall – was war passiert?

Die Klägerin wurde zunächst mit befristetem Arbeitsvertrag vom 05.10.2009 bei der Beklagten für den Zeitraum vom 12.10.2009 bis zum 11.10.2010 eingestellt. Im Mai 2010 wurde sie zum Betriebsratsmitglied gewählt. Mit Arbeitsvertrag vom 24.09.2010 wurde das Arbeitsverhältnis bis zum 11.10.2011 verlängert. Mit Schreiben vom 12.07.2011 teilte die Beklagte der Klägerin das Auslaufen des Arbeitsverhältnisses zum 11.10.2011 mit.

Problemstellung

Nach § 14 Abs. 2 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von 2 Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von 2 Jahren ist auch die höchsten dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Mit der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis ohne dem Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Gesamtdauer von 2 Jahren zu befristen stellt sich die Frage, ob dies auch wirksam gegenüber einem Betriebsratsmitglied als Mandatsträger erfolgen kann. Das Arbeitsgericht München hatte angenommen, dass § 14 Abs. 2 TzBfG im Hinblick auf Art. 7 der Richtlinie 2002/14/EG richtlinienkonform dahin auszulegen sei, dass das Arbeitsverhältnis eines Betriebsratsmitglieds nicht in Folge einer sachgrundlosen Befristung enden kann (Urteil vom 08.10.2000 -24 Ca 861/10 -). Nunmehr hat das Landesarbeitsgericht Hannover auch für den Fall, dass die letzte Befristungsabrede (Befristungsverlängerung im Sinne von § 14 Abs. 2 TzBfG) mit einem bereits aktiven Betriebsrat getroffen wird, Stellung gegen die Ansicht des Arbeitsgerichts München bezogen (Urteil vom 08.08.2012 -2 Sa 1733/11-). Gegen diese Entscheidung hat die unterlegene Klägerin Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt.

Wie hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 25.06.2014 (Az.: 7 AZR 847/12) entschieden, dass die Revision der Klägerin unbegründet ist. Derzeit liegt nur die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vor. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrages auch ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von 2 Jahren statthaft. Bis zu einer Gesamtdauer von 2 Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung zulässig. Wie der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts bereits mit Urteil vom 05.12.2012 (7 AZR 698/11) entschieden hat, gilt das auch für Betriebsratsmitglieder. Deren Betriebsratsamt steht der Anwendung des TzBfG nicht entgegen. Nach § 78 Satz 2 BetrVG dürfen aber Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Eine hiernach verbotene Benachteiligung liegt vor, wenn dem Betriebsratsmitglied im Anschluss an die Befristung wegen seiner Betriebsratstätigkeit der Abschluss eines Folgevertrages verweigert wird. Das Betriebsratsmitglied hat dann gegen den Arbeitgeber einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Abschluss eines entsprechenden Vertrages. Im Prozess liegt die Beweislast für eine unzulässige Benachteiligung bei dem Betriebsratsmitglied, das sich darauf beruft. Legt das Betriebsratsmitglied Indizien dar, die für eine Benachteiligung wegen seiner Betriebsratstätigkeit sprechen, muss sich der Arbeitgeber hierauf konkret einlassen und die Indizien gegebenenfalls entkräften.

Das Bundesarbeitsgericht wies die Befristungskontrollklage sowie die hilfsweise auf Abschluss eines Folgevertrages gerichtete Klage des Betriebsratsmitglieds ab. Das Bundesarbeitsgericht ist der vorgenommenen Gesamtwürdigung des Landesarbeitsgerichts gefolgt, wonach die Klägerin nicht darlegen konnte, dass der Arbeitgeber ihr nur wegen der Betriebsratstätigkeit keine Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses bzw. den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages gewährt hat. Die Klägerin als betroffenes Betriebsratsmitglied konnte letztendlich nach Überzeugung des Bundesarbeitsgerichts keine Benachteiligung durch den Arbeitgeber aufgrund der ausgeübten Betriebsratstätigkeit nachweisen.

Auswirkung auf die Praxis der Arbeitnehmer und Betriebsräte

Ein Betriebsratsmitglied kann einen Anspruch auf (befristete oder unbefristete) Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses aus § 78 Satz 2, § 119 BetrVG (i. V. m. § 280  Abs. 1 oder § 823 Abs. 2 BGB) gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Arbeitgeber die Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses wegen der Mitarbeit in der Arbeitnehmervertretung unterlassen hat. Hierfür ist der betroffene Arbeitnehmer darlegungs- und beweisbelastet. Er muss allerdings nicht notwendig unmittelbar den Nachweis für einen entsprechenden Entschluss des Arbeitgebers führen. Vielmehr genügt – für regelmäßig im Zusammenhang mit der Darlegung und dem Nachweis von subjektiven Tatsachen – der Nachweis von hinreichenden Indizien, welche Rückschlüsse auf einen entsprechenden Arbeitgeberentschluss zulassen. Solche Indizien muss der Arbeitnehmer als betroffenes Betriebsratsmitglied darlegen. Solche Indizien können darin bestehen, dass das betroffene Betriebsratsmitglied darlegt, dass alle befristeten Arbeitsverhältnisse vergleichbarer Arbeitnehmer entweder verlängert oder sogar unbefristet fortgesetzt worden sind. Der Arbeitgeber müsste sich sodann im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast substantiiert auf den zuvor geleisteten Vortrag des Arbeitnehmers einlassen.

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