Arbeitnehmerrechte bei Kündigungen – Nach der Kündigung ist Eile geboten

veröffentlicht im Darmstädter Echo am 27.01.2009

von Rechtsanwalt Markus Bär, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Arbeitsrecht für Arbeitnehmer und Betriebsräte

Der Abschwung erreicht den Arbeitsmarkt. Die allseits präsente Finanzkrise wird im laufenden Jahr zu einem steigenden Abbau von Arbeitsplätzen führen und zahlreiche Kündigungen durch Arbeitgeber zur Folge haben. Für Arbeitnehmer, die eine Kündigung erhalten, ist einiges zu beachten, wenn Sie um den Erhalt ihres Arbeitsplatzes kämpfen wollen oder eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes anstreben.

Einzuhaltende Fristen

Erhält ein Arbeitnehmer eine schriftliche Kündigung, so muss er gemäß § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) spätestens 3 Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben. Wird diese Frist nicht eingehalten, so kann der Bestand des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich nicht erfolgreich vor Gericht durchgesetzt werden. Lediglich die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist durch den Arbeitgeber kann auch noch nach Ablauf der 3 – Wochenfrist geltend gemacht werden. Plant ein Arbeitnehmer nach Erhalt einer Kündigung anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, so sollte er dies möglichst schnell tun, denn so manche Kündigung wurde schon wegen Formfehler für unwirksam erklärt. So werden Kündigungen nicht selten von Personen unterzeichnet, die hierzu nicht die notwendige Vollmacht besitzen. In diesem Fall kann eine Vollmachtsrüge gegenüber dem Arbeitgeber innerhalb einer Frist von einer Woche erhoben werden.

Wann kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen?

Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nur kündigen, wenn er dazu einen Grund hat. Das KSchG gibt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, aus personen/verhaltens- und betriebsbedingten Gründen das Arbeitsverhältnis zu beenden. An die Darlegung eines solchen Kündigungsgrundes stellt das Gesetz hohe Anforderungen. Hier gibt es regelmäßig rechtliche Ansatzpunkte, die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung in Frage zu stellen. Selbst wenn das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, hat der Arbeitgeber nicht freie Hand zu kündigen. Gerade bei langjährig beschäftigten Arbeitnehmern kann eine Kündigung auch am Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) scheitern. Selbst bei nur kurz andauernden Beschäftigungsverhältnissen, d.h. bei einer Kündigung innerhalb der ersten sechs Monate, kann eine Kündigung aus formellen Gründen unwirksam sein. Falls ein Betriebsrat existiert, muss er vor Ausspruch der Kündigung angehört werden. Hier begehen Arbeitgeber oft Fehler, was die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge hat.

Anspruch auf Abfindung?

Im Falle einer Kündigung stellen Arbeitnehmer insbesondere bei langer Betriebszugehörigkeit die Frage, ob sie einen Anspruch auf eine Abfindung haben. In der Praxis gibt es zwar oft Abfindungszahlungen, jedoch ist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht dazu verpflichtet. Ein „Abfindungsanspruch“ ist in § 1 a KSchG normiert. Dieser Anspruch greift jedoch in nur wenigen Fällen. Nämlich nur dann, wenn der Arbeitgeber in seinem Kündigungsschreiben eine Abfindung in Höhe von 0,5 Monatsverdiensten je Beschäftigungsjahr anbietet und darauf hinweist, dass bei Verstreichenlassen der Frist für eine Kündigungsschutzklage der entsprechende Abfindungsanspruch entsteht. Arbeitgeber bieten jedoch selten diese Möglichkeit an. Das hängt vor allem damit zusammen, dass der Arbeitnehmer unabhängig von diesem Angebot die Möglichkeit hat, eine so ausgesprochene Kündigung prüfen zu lassen, entweder mit dem Ziel, seine Weiterbeschäftigung zu erreichen oder mit dem Ziel, eine höhere als die angebotene Abfindung von 0,5 Monatsverdiensten je Beschäftigungsjahr zu erhalten. Die Erfahrung zeigt, dass das erste Angebot des Arbeitgebers regelmäßig nicht das letzte ist und dass in den meisten Fällen durch eine Kündigungsschutzklage eine höhere Abfindung erzielt werden kann. In der Mehrzahl der arbeitsrechtlichen Verfahren kommt es zu einer Einigung der Parteien. Für das Arbeitsgericht heißt dies im Regelfall, dass das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung beendet wird. Soweit kein Abfindungsanspruch besteht, zum Beispiel aufgrund eines Sozialplans oder der erwähnten Regelung des § 1 a KSchG, werden zur Berechnung einer Abfindung sogenannte Faustformeln angewendet, wonach entsprechend dem Alter des Arbeitnehmers zwischen 0,5 und 1,0 Gehälter pro Jahr der Betriebszugehörigkeit in Ansatz gebracht werden. Die Höhe der Abfindung hängt letztendlich von den Prozessaussichten, dem Verhandlungsgeschick der Parteien und ihrer Anwälte ab.

Meldefristen bei der Agentur für Arbeit beachten

Nach Erhalt einer Kündigung oder nach dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages muss sich der Arbeitnehmer bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden. Diese Arbeitssuchendmeldung hat unverzüglich spätestens drei Monate vor dem voraussichtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses zu erfolgen. Wenn bis zum Ausscheiden keine drei Monate Zeit mehr sind, muss eine Arbeitssuchendmeldung unverzüglich, d. h. innerhalb von drei Tagen, erfolgen. Versäumt der Arbeitnehmer diese Frist, wird ihm das Arbeitslosengeld für eine Woche gesperrt.

Aufhebungsvertrag

Häufig legen Arbeitgeber Arbeitnehmern auch einen Aufhebungsvertrag vor oder bieten nach Ausspruch einer Kündigung einen sogenannten Abwicklungsvertrag an. Die Annahme eines solchen Vertrages kann für den Arbeitnehmer unabsehbare wirtschaftliche Folgen haben, insbesondere im Hinblick auf den Bezug von Arbeitslosengeld. Bei einem seriösen Aufhebungsvertragsangebot wird der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer daher vor Unterzeichnung immer zugestehen, sich rechtlichen Rat einzuholen. Sollte ein Arbeitnehmer dennoch übereilt einen Aufhebungsvertrag/Abwicklungsvertrag unterzeichnet haben, so kann gleichwohl geprüft werden, ob eine Anfechtung möglich ist. Dies kann im Falle einer Täuschung und Drohung aber auch bei einem Irrtum der Fall sein.

Anspruch auf Weiterbeschäftigung nach Ablauf der Kündigungsfrist?

Wenn ein Arbeitnehmer um den Erhalt seines Arbeitsplatzes kämpfen möchte, dann stellt sich immer wieder die Frage, ob er einen Weiterbeschäftigungsanspruch über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus hat. Einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung nach Ablauf der Kündigungsfrist hat der Arbeitnehmer grundsätzlich nur dann, wenn er im erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahren obsiegt. Selbstverständlich muss der Arbeitgeber in diesem Falle auch das Gehalt nachzahlen. Existiert im Betrieb jedoch ein Betriebsrat, so hat dieser im Rahmen seines Mitbestimmungsrechts nach § 102 BetrVG die Möglichkeit, einer Kündigung aus den gesetzlich normierten Gründen zu widersprechen. In diesem Fall hat der gekündigte Arbeitnehmer einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens. Begründet der Betriebsrat seinen Widerspruch sorgfältig im Sinne des Gesetzes, so kann er dem Arbeitnehmer einen erheblichen Prozessvorteil verschaffen, da bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Kündigungsschutzverfahrens nicht selten zwei Jahre vergehen.

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